Chapter seven

Das Wandern ist des Müllers Lust … Aka: „Zur Party? Zur Party!“

Was geht in Deutschland am Freitagabend? – Party!! – Und was geht in Nepal am Freitagabend? – Richtig – PARTY!!! So dachten wir uns das zumindest, als wir von Junesh, unserem nepalischen Freund eingeladen wurden, mit ihm zu ner Party zu gehn. Als wir (fünf weiße Mädls) aber da ankamen, wurde uns schnell bewusst, dass das so einfach nicht ist: 200 Nepalimänneraugen und circa 5 Nepalifrauenaugen richteten sich schlagartig auf uns und es dauerte keine zwei Minuten, als die ersten versuchten uns Koks anzudrehn und beengende Tanzkreise um uns bildeten. Judith stellte schnell fest: “Mädls, das geht nur mit VIEL Alkohol!“ Man muss sich diese Veranstaltung so vorstellen: 200 betrunkene, circa 16-35 jährige Nepalis, die zu einer Mischung aus Charts, House und nepalesischer Diskomusik, abwechselnd mit Beatboxeinlagen abgehen, umrandet von einer Menge Polizisten/Militärs mit Schlagstöcken als Aufpasser. Witzig wurde es dann, als wir Mädls auf dem „Klo“ waren und auf einmal eine uns vertraute, angetrunkene und rauchige Stimme durch das Mikrophon schallte: „Judith? Patricia? Julia? Melli? Saskia? Where are my friends? I am on the stage! Where are u? Judith? Julia?“ stand Junesh einsam und verloren auf der Bühne. Dadurch und Dank des köstlichen Dosenbieres hatten wir dann auch wirklich Spaß, doch wurde unser Vergnügen abrupt  beendet, da einige Jungs scheinbar überfordert waren mit soviel weißer Haut auf „ihrer“ Party, sodass wir von den Polizisten/Militärs gebeten wurden die Party jetzt zu verlassen, da es sonst zu einer Schlägerei zwischen unseren „Beschützern“ Junesh und Senith und dem Rest der Meute gekommen wäre… Also doch alles nicht so einfach mit der Party am Freitagabend… Der Abend endete aber trotzdem sehr schön, wir gingen weiter in eine Kneipe, besser ein Separée oder privates Teehäuschen, wo Rum, Milchtee, Schischa und Nepali-Essen auf uns warteten… wesentlich angenehmer und berauschender! Es war unglaublich, wie dort aufgetischt wurde, wir wurden richtig verwöhnt und der Rum zeigte schnell seine Wirkung.., es war wirklich ein lustiger Abend! Mit Motorradfahren, auf LKWs springen und Sterne gucken.

Nach dieser aufregenden Nacht mussten wir endlich mal raus aus Bhaktapur und unserem Alltag! Wir fuhren also mit dem Bus (voll besetzt, stehend, laute Nepalimusik hörend) nach Barnepa, von wo aus wir uns den Weg nach Nagarkot, einem Bergdorf, das für seinen faszinierenden Ausblick auf die Everestkette bekannt ist, erfragen wollten. Leider waren die Menschen in Barnepa nicht so nett, wie wir es aus Bhaktapur gewohnt waren und der Wunsch ein Messer in der Tasche zu haben wurde bei einigen von uns größer… Gern gehörte Antwort: „Go to Bhaktapur, from there you can go by bus!“ NEIN – wir wollten wandern!!! Schließlich fanden wir einen netten Verkäufer, der uns auf Englisch eine wunderschöne Zeichnung anfertigte, die uns nach langem Suchen aus Barnepa raus, auf den richtigen Weg führte. So wanderten wir fröhlich vor uns hin, lernten viele sehr freundliche Menschen kennen, immer mit den gleichen Worten: „Nagarkot, Nagarkot???“

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Nach vier Stunden vorbei an schönen Aussichten, kleinen Bergdörfern und freundlichen und interessanten Menschen, fragten wir immer mal wieder, wie lange es denn noch zu Fuß nach Nagarkot dauere. Die Antworten reichten von „just up this hill“, bis „oh, this takes at least two more hours“… Dazu muss man wissen, im Nepali gibt es kein Wort für Minute, die Zeitvorstellung ist dadurch eine ganz andere, Nepalis nach Zeitangaben fragen, ist deshalb total sinnlos…

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Nach einiger Zeit trafen wir ein englisches Pärchen in einem schicken Jeep, die wir fragten, wie lange es noch dauere. Uns wurde eröffnet, dass es wohl sicher noch 45 Minuten bergauf und danach eineinhalb Stunden den Berg wieder runter ginge, was unsere Motivation deutlich trübte und unseren Gesichtern entglitt jeglicher Ausdruck. Aber es half ja nichts. Der Hunger wurde größer, die Füße schwerer und die Wanderlust sank proportional zur Bergsteigung… Nach weiteren 15 Minuten hörten wir einen Jeep hinter uns – Oh mein Gott – RETTUNG NAHT!!! Das englische Pärchen hatte Mitleid mit uns, ist uns nachgefahren und brachte uns tatsächlich bis in die Ortsmitte von Nagarkot! Dort glücklich angekommen, machte sich erstmal Enttäuschung breit: wir waren in einem waschechten Touridorf gelandet, wo es nichts gab außer Restaurants, Souvenirläden und Hotels und was die tolle Aussicht betraf: Nebel.

Naja, wie ihr euch denken könnt, wir haben das Beste draus gemacht, haben unser „Hotelhüttchen“ bezogen, das uns vorher schon Senith, ihr erinnert euch, besorgt hatte und das weniger ein Zimmer, sondern eher ein kleines Häuschen war. Eines solltet ihr vielleicht an dieser Stelle auch noch erfahren: Melli hat sich an diesem Tag ganz doll verliebt. Er ist zwar ein wenig jünger und vielleicht noch ein bisschen verspielt, aber tief drin eine sehr treue Seele. Die Rede ist von Struppi, einem Hundewelpen, der uns auf Schritt und Tritt folgte und in Melli, wenn auch nur für zwei Tage, eine neue Mami gefunden hatte… Leider mussten wir ihn in Nagarkot zurücklassen, weil wir beschlossen, dass das Hundeleben in Nagarkot besser wäre, als in Bhaktapur, das ein hartes Pflaster für kleine Hunde ist… Melli verlor trotzdem zwei kleine Tränen, als der Abschied nahte.

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Am nächsten Morgen, die Nacht verbrachten wir zu viert in einem Bett aneinandergekuschelt, weils einfach A… kalt war und uns die Pinguinmethode sinnvoll erschien, standen wir um viertel nach sechs auf, um den weltberühmten und atemberaubenden Sonnenaufgang von Nagarkot zu sehen. Und – ja, ihr ahnt es schon – Nebel. Trotzdem, man konnte die Sonne ein wenig sehen, es hatte sich gelohnt aufzustehen und es war dennoch wunderschön.

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Auch wenn uns das Wandern am Vortag Spaß gemacht hatte, beschlossen wir, dass das mit dem Gehen für dieses Wochenende reicht, verabschiedeten uns von Struppi und stiegen in den uns schon bekannten, weil von allen Nepalis („Why do you want to walk to Nagarkot??? There is a bus!!!“) angepriesenen Bus nach Bhaktapur und waren nach einer Stunde Fahrt (voll besetzt, stehend, laute Nepalimusik hörend) wieder zu Hause.

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